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Illoyalität: Einseitige Ausübung des Kapitalwahlrechts ist als versorgungsfeindlich anzusehen

Wie der regelmäßigen Leserschaft weitestgehend bekannt, werden bei einer Scheidung die innerhalb der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften hälftig geteilt. Besonderheiten gelten dabei für solche Lebensversicherungsverträge mit einem Wahlrecht. Eine solche Konstellation hatte im Folgenden auch das Berliner Kammergericht (KG) zu beurteilen.

Die Ehegatten hatten unter anderem einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, der bei Fälligkeit auf die Zahlung einer Rente gerichtet war. Beide vereinbarten eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich, nach der jeder den jeweiligen Lebensversicherungsvertrag für sich behalten solle. Den hierzu erforderlichen Notartermin sagte der Mann dann allerdings kurzfristig ab, übte stattdessen das versicherungstypische Kapitalwahlrecht aus und ließ sich das Guthaben auszahlen. Zwei Wochen später wurde der Scheidungsantrag zustellt. Damit unterlag nur noch das Anrecht aus dem Lebensversicherungsvertrag der Frau dem Versorgungsausgleich. Das Verhalten des Mannes nannte die Frau illoyal, und dass es grob unbillig sei, wenn nun der Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung ihres Lebensversicherungsvertrags durchgeführt werde. Schließlich habe man anderes besprochen und auch regeln wollen.

Das KG war da ganz auf Seiten der Geschädigten. Es ist nach der Rechtsprechung nicht vorgesehen und wäre auch gar nicht machbar, den Fall nun so zu behandeln, als hätte der Mann bezüglich seines Vertrags das Kapitalwahlrecht nicht ausgeübt. Denn die entsprechenden Versicherungsleistungen, die somit zu erbringen wären, sind zum einen kaum berechenbar und werden zum anderen auch ganz einfach nicht erbracht. Stattdessen ist diese Lage als grobe Unbilligkeit anzusehen. Das Gericht beließ der Frau deshalb - wie im Vorhinein zwischen den Ehegatten vereinbart - ihre Versicherung in vollem Umfang.

Hinweis: Das infolge der Ausübung des Kapitalwahlrechts zufließende Vermögen kann güterrechtlich bedeutsam sein. Deshalb sollte ein möglicher Zufluss nur unter fachlicher Beratung erfolgen.


Quelle: KG, Beschl. v. 02.03.2020 - 13 UF 184/19
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 09/2020)