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Kein gutgläubiger Erwerb: Wer beim Kauf eines Luxuswagens deutliche Unstimmigkeiten ignoriert, bezahlt einen hohen Preis

Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hatte im folgenden Fall die Frage zu klären, ob trotz Vorlage originaler Kfz-Papiere ein gutgläubiger Eigentumserwerb eines Fahrzeugs scheitern kann. Der Kläger aus Spanien hatte seinen Lamborghini an eine Agentur vermietet, die den Wagen wiederum weitervermietete. Als der Wagen nach der Mietzeit weg war, wurde er schließlich zur Fahndung ausgeschrieben. Er fand sich auch wieder - nur aber mit einem angeblich neuen Eigentümer. Ob dieser sich hinter gutgläubigem Erwerb verstecken und somit einen hohen finanziellen Verlust vermeiden konnte, lesen Sie hier.

Der im Emsland ansässige Beklagte meldete sich auf ein Verkaufsinserat bei "mobile.de", in dem ein Lamborghini angeboten wurde. Er kam in Kontakt mit zwei Brüdern, die vorgaben, das Auto für einen in Spanien lebenden Eigentümer verkaufen zu wollen. Beide Parteien trafen sich zur Fahrzeugbesichtigung auf dem Parkplatz einer Spielothek in Wiesbaden und verabredeten die Übergabe wenige Tage später. Die Brüder trafen mit mehreren Stunden Verspätung gegen 23 Uhr am verabredeten Treffpunkt ein und gaben unter anderem an, in eine Polizeikontrolle geraten zu sein. Dennoch wurde der Kaufvertrag in dieser Nacht gegen 1 Uhr in einem Schnellrestaurant unterschrieben. Dem Beklagten wurde die Vorderseite einer Kopie des Personalausweises des angeblichen Eigentümers vorgelegt. Zwar ergaben sich auffällige Abweichungen der Schreibweise des Namens, der Adresse in dem Kaufvertrag und in den Zulassungsbescheinigungen - der Beklagte gab seinen alten Lamborghini dennoch für 60.000 EUR in Zahlung und zahlte an die Brüder weitere 70.000 EUR in bar. Er erhielt neben dem Auto die Zulassungsbescheinigungen sowie die Schlüssel. Als er das Fahrzeug dann auf seinen Namen anmelden wollte, stellte sich heraus, dass dieses unterschlagen worden war. Der spanische Kläger verlangte nun als Eigentümer die Herausgabe des Fahrzeugs.

Das OLG gab der Herausgabeklage des Eigentümers statt. Das Gericht bewertete das Verhalten des Beklagten als grob fahrlässig. Trotz Vorlage von Originalzulassungsbescheinigungen seien die Gesamtumstände so auffällig gewesen, dass der Beklagte hätte stutzig werden müssen. Er habe allein mit den als Vermittler auftretenden Brüdern verhandelt, ohne in Kontakt mit dem von den Brüdern benannten angeblichen Eigentümer zu treten oder sich eine Vollmacht der Brüder vorlegen zu lassen. Ort und Zeit des Kaufvertrags, die fraglose Inzahlungnahme des alten Lamborghinis, die unterschiedlichen Schreibweisen der Personalien des angeblichen Eigentümers - all dies hätte den Beklagten zu weiteren Nachforschungen veranlassen müssen! Besondere Vorsicht sei auch deshalb geboten gewesen, weil es sich um ein Luxusfahrzeug handelte, das erst wenige Tage zuvor in Deutschland zugelassen worden war. Der Beklagte könne sich daher nicht auf einen gutgläubigen Erwerb berufen. Er muss nun das Auto an den spanischen Kläger herausgeben.

Hinweis: Nach § 932 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch wird der Erwerber Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit nicht in gutem Glauben ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet der Besitz des Fahrzeugs allein nicht den für den Gutglaubenserwerb erforderlichen Rechtsschein. Vielmehr gehört es regelmäßig zu den Mindesterfordernissen für einen gutgläubigen Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, dass sich der Erwerber die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lässt. Zudem kommt es immer auch auf die Umstände des Verkaufs an.


Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 27.03.2023 - 9 U 52/22
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)