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Vorschnelle Bußgeldstelle: Abfrage der Eintragungen in Flensburg verstößt zum Zeitpunkt der Befragung gegen den Datenschutz

Viele motorisierte Verkehrsteilnehmer kennen das womöglich: Erst "blitzt es", und alsbald folgt die schriftliche Befragung darüber, ob man denn selber am Steuer gesessen habe und somit auch für den Regelverstoß verantwortlich gemacht werden könne. In genau dieser Phase hatte es eine Bußgeldstelle besonders eilig mit ihren weiteren Nachforschungen, denen das Amtsgericht Bad Kreuznach (AG) jedoch einen Riegel vorschieben musste.

Ein Autofahrer war auf der Autobahn seinem Vordermann zu dicht aufgefahren. Mit einer Geschwindigkeit von 123 km/h hätte er ungefähr 60 Meter Abstand einhalten müssen. Eine Abstandsmessung ergab hingegen nur 27 Meter. Der Fahrer erhielt einen Bußgeldbescheid über 75 EUR sowie einen Punkt in Flensburg. Der Fahrer legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein. Er gab an, dass vor ihm ein Fahrzeug abgebremst habe und er deshalb zu dicht auffuhr. Das sei ihm nicht anzulasten. Weiterhin trug er vor, dass auch ein Verstoß gegen den Datenschutz gegeben sei. Die Abfrage seines Punktestands in Flensburg sei erfolgt, bevor die Anhörung abgeschlossen war.

Das AG entschied, dass es unter diesen Umständen gerechtfertigt ist, die Geldbuße angemessen zu senken. In einem Bußgeldverfahren ist vorgesehen, dass die Behörde durch Versendung des Anhörungsbogens zunächst den Halter befragt, wer zum Zeitpunkt des Verstoßes überhaupt am Steuer gesessen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei somit also noch völlig unklar, ob der Fahrzeughalter überhaupt der Fahrer gewesen sei. Deshalb müsse die Bußgeldstelle noch nicht wissen, ob Eintragungen im Fahreignungsregister vorhanden sind. Die Anforderung dieser Daten sei demnach noch nicht "erforderlich", wie es in § 30 Abs. 1 Nr. 2 Straßenverkehrsgesetz heißt, und damit datenschutzrechtlich unzulässig. Der Fahrer wurde zu einem Verwarngeld von 55 EUR verurteilt, so dass es nicht zu einer Punkteeintragung kam.

Hinweis: Die zuständige Bußgeldstelle hatte unter anderem einen automatisierten Auszug aus dem Fahreignungsregister beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg angefordert. Zu finden sind in diesem Register auch die Straßenverkehrsverstöße sowie die hieraus resultierenden Punkte oder Maßnahmen bezüglich des Verkehrsteilnehmers. Mit der Abfrage wollte die Bußgeldstelle herausfinden, ob der Fahrer bereits in der Vergangenheit Verstöße begangen hatte. Dies kann auch die Erhöhung der sogenannten Regelgeldbuße mit sich bringen oder die Verhängung eines Fahrverbots rechtfertigen.


Quelle: AG Bad Kreuznach, Urt. v. 08.03.2021 - 47 Owi 1044 Js 15488/20
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 07/2021)