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Verstoß gegen Aufklärungsobliegenheit: Wer einen selbstverursachten Unfall verspätet meldet, riskiert den Vollkaskoschutz

Eigentlich sollte es klar sein, dass das Entfernen vom Unfallort im Straßenverkehr gegen die sogenannte Aufklärungsobliegenheit verstößt, wenn keine Feststellungen zur Person, des Fahrzeugs und der Art der Beteiligung ermöglicht wurden oder eine nach den Umständen angemessene Zeit nicht abgewartet wurde. Und dennoch landen derart gestaltete Fälle immer wieder vor Gericht - wie hier vor dem Amtsgericht Kiel (AG).

Eine Autofahrerin befuhr innerorts eine Straße. Als ihr durch das geöffnete Fenster etwas ins Auge flog, wurde sie kurzzeitig abgelenkt. Sie fuhr dadurch mit der linken vorderen Fahrzeugseite über eine Verkehrsinsel und das auf der Verkehrsinsel befindliche Verkehrszeichen um. Die Frau nahm zwar einen Knall und einen Ruck in ihrem Fahrzeug wahr, ging aber davon aus, dass es nicht zu einer Beschädigung gekommen sei. Erst am am nächsten Tag stellte sie Beschädigungen an ihrem Fahrzeug fest und fuhr sofort zur nächsten Polizeistation, wo sie den Unfall anzeigte. Von ihrer Vollkaskoversicherung verlangte sie den an ihrem Fahrzeug entstandenen Schaden ersetzt - was diese ablehnte.

Auch das AG entschied, dass der Fahrerin keine Entschädigungsleistungen aus der Vollkaskoversicherung zustünden, weil sie gegen Aufklärungsobliegenheiten verstoßen habe. Dadurch, dass sich die Fahrerin nach Wahrnehmung des Knalls nicht bei der Polizei gemeldet bzw. an der Unfallstelle gewartet hatte, habe sie nach Auffassung des Gerichts die sich aus den Allgemeinen Kraftfahr-Bedingungen (AKB) ergebende Aufklärungsobliegenheit verletzt. Auch wenn sie den Unfall am nächsten Tag gemeldet hat, liegt trotzdem eine Aufklärungsobliegenheitsverletzung vor, da nach den AKB auch Feststellungen dazu getroffen werden müssen, ob die Fahrerin bei dem Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gestanden habe.

Hinweis: Das Urteil des AG ist noch nicht rechtskräftig. In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass es für die Beurteilung des Handelns des Versicherungsnehmers allein auf den Zeitpunkt ankommt, in dem dieser die Obliegenheit (Wartepflicht) verletzt, ähnlich der Vorschrift des unerlaubten Entfernens vom Unfallort.


Quelle: AG Kiel, Urt. v. 12.11.2020 - 118 C 95/20
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 12/2020)