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Kindeswohl entscheidet: Verweigert ein Kind den Umgang, darf es auch bei erwiesener Manipulation nicht dazu gezwungen werden

Damit nach einer Trennung beide Eltern den Kontakt zu ihren minderjährigen Kindern nicht verlieren, ist die Kommunikation und Kooperation der Eltern untereinander unabdingbar. In der Natur einer Trennung liegt aber auch der Umstand, dass auf der Elternebene meist erhebliche Störungen vorliegen. Was gilt, wenn diese auch das Kind erfassen, hatte das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) zu bewerten.

Zwei sich trennende Eltern einer achtjährigen Tochter stritten sich gerichtlich sowohl um das Sorge- als auch das Umgangsrecht. Das Mädchen entwickelte eine enge Bindung zur Mutter, bei der sie auch lebte und die sie gegen ihren Vater manipulierte. Knapp zwei Jahre nach der Trennung sah dieser seine Tochter folglich zum letzten Mal; die Mutter verhinderte weitere Umgangskontakte. Eine Elternberatung lehnte die Mutter ab. Nach Jahren des gerichtlichen Streitens erklärte die Tochter, sie lehne ihrerseits jeglichen Kontakt mit dem Vater ab und wolle ihn nicht mehr sehen. Die Folge: Das OLG beschloss einen vollständigen Umgangsausschluss bis zur Volljährigkeit des Kindes.

Die gerichtliche Entscheidung ist hart, aber richtig. Sie muss aus der richtigen Perspektive gesehen werden -  der des Kindes. Der Tochter kann es weder zum Vorwurf gemacht werden, dass sie manipuliert wurde, noch kann es ihr angelastet werden, dass es sie warum auch immer auf die Seite der Mutter zieht. Ebenso muss akzeptiert werden, dass sie der Auseinandersetzungen müde wird, mit alldem nichts mehr zu tun und deshalb keinerlei Kontakt zum Vater mehr haben will. Eine gegensätzliche gerichtliche Entscheidung, durch die der Umgang angeordnet werden würde, wäre in einer solchen Situation kindeswohlgefährdend. Und bei allen Problemen während und nach einer Trennung bleibt das Kindeswohl im Fokus der Gerichte.

Hinweis: Dem Vater bleibt nur ein schwacher Trost: Die gerichtliche Entscheidung des Umgangsausschlusses ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr vorliegt bzw. die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Wendung der Lage ist aber nur gering.


Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.12.2018 - 9 UF 86/18
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 04/2019)